2015 war ein erfolgreiches Jahr für InterNICHE. Dank Netzwerkaktionen und gut zugänglichen Informationen nimmt die Sensibilisierung für Alternativmethoden zu; und der technologische Fortschritt ermöglicht immer bessere Lehrmethoden und Lösungen für die wirtschaftlichen und praktischen Herausforderungen von Hochschulen, die auf tierfreie Ersatzmethoden umsteigen wollen. Auch die Nachfrage nach alternativen Studienprogrammen steigt. Alle diese Faktoren weisen auf Fortschritte hin, die sowohl den Rechten der Tiere als auch der Qualität der Bildung zugutekommen. Dieser Bericht fasst einen Teil der Tätigkeiten von InterNICHE zusammen. Im Vordergrund stehen dabei die Aktivitäten, die 2015 dank der finanziellen Unterstützung der LSCV ermöglicht wurden.

Die Aktivitäten von InterNICHE in verschiedenen Ländern

Kenia

Gemeinsam mit der Partnerorganisation Africa Network for Animal Welfare (ANAW) hat InterNICHE Ende 2015 an der Egerton University eine nationale Tagung für Dozierende im Bereich Veterinärmedizin durchgeführt. Nick Jukes war als Referent und Teilnehmer dabei. Begleitet wurde er von Dr. Fawzy Elnady aus Ägypten. In einer Multimedia-Ausstellung wurden verschiedene pädagogische Hilfsmittel aus dem Leihsystem für tierversuchsfreie Unterrichtsmaterialien präsentiert.

Bei der Vorstellung des 3R-Konzepts zu Beginn der Tagung äusserten sich einige Redner noch eher zynisch zum vollständigen Ersatz von Tierversuchen. Doch nach dem Workshop zeigten sich sowohl der Dekan als auch der Rektor der Gastgeberuniversität überzeugt. Der Rektor erklärte sogar, dass seiner Meinung nach «99, wenn nicht 100 Prozent der Tierversuche im Studium der Veterinärmedizin» ersetzt werden könnten. Auch die Studierenden äusserten sich positiv und hatten das Gefühl, dass ihr Studiengang durch Alternativmethoden interessanter würde, da sie ethisch vertretbarer und zugleich lehrreicher seien. Es wurden Interviews mit Professoren der Egerton University und mit einem Pionier für Alternativmethoden von der nationalen Universität Nairobi gedreht. Mit diesen Filmsequenzen wird das Material für den Film «Alternatives in Veterinary Education and Training» um bisher fehlende Aufnahmen aus Afrika ergänzt.

Serbien

Dr. Katarina Novakovic hat sich weiterhin für die Förderung von Alternativmethoden eingesetzt. Sie hat verschiedene Aktivitäten sowie lokale und nationale Aktionen geplant, die gezielt auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen reagieren. Sie hat die Ressourcen des InterNICHE-Netzwerks für zahlreiche Projekte genutzt:
– Prüfung des Tierschutzgesetzes hinsichtlich des Anpassungsbedarfs an die Gesetzgebung der EU
– Sensibilisierungsaktionen für fachfremde Mitglieder von Ethikkommissionen in Form von Erläuterungen zu den überprüften Tierversuchen, zu möglichen Alternativen sowie zur Gesetzgebung und zur Kontrolle von Tierversuchseinrichtungen
– Eine Erhebung über die wichtigsten serbischen Tierversuchslabors (wie viele Tiere werden eingesetzt und zu welchem Zweck?)
– Mitarbeit im nationalen Ethik-Rat, Unterstützung bei der Suche nach Alternativmethoden, rechtliche Hinweise bei der Entscheidfindung und Auswertung von invasiven Versuchen, die insbesondere im Unterricht häufig ohne Bewilligung durchgeführt werden
– Protestaktionen, um Universitäten zum Einsatz von Alternativmethoden zu bewegen
– Zusammenarbeit mit einer fortschrittlichen Primarschule bei der Einführung einer Software, die das im Biologieunterricht praktizierte Sezieren von Fischen, Fröschen und Tauben ersetzt

Deutschland

Dr. Astrid Schmidt hat auch 2015 alternative Lehrmittel zum Ersatz von Sezierübungen verliehen, beispielsweise an Biologiestudentinnen, an Doktoranden und Teilnehmer von tierverbrauchenden Praktika sowie angehende Medizin- und Biologietechniker/innen. Die aktuelle vegane Bewegung in Deutschland scheint dazu zu führen, dass der Druck von Studierenden, die ihr Recht auf Gewissensfreiheit bei tierquälerischen Unterrichtsmethoden geltend machen, zunimmt und Lehrpersonen vermehrt bereit sind, Neuerungen zu akzeptieren.

In Norwegen geht der Kampf gegen die in der Ausbildung von Militärchirurgen praktizierten Versuche an Schweinen voran, seit immer mehr Organisationen und Einzelpersonen – darunter der InterNICHE-Länderkontakt Dr. Siri Martinsen und die Tierrechtsorganisation NOAH – diese Praxis öffentlich kritisieren. Dr. Martinsen und NOAH haben weitere Alternativmethodenkurse für angehende tiermedizinische Praxisassistenten angeboten. Zudem hielten sie Vorträge vor norwegischen Studierenden der Veterinärmedizin im Ausland und informierten sie über Alternativen in der Ausbildung und die Möglichkeit, Tierversuche zu verweigern.
Auf politischer Ebene wurden Aktionen für die Anwendung der EU-Tierversuchsrichtlinie in Norwegen durchgeführt. Die Umsetzung der Richtlinie, die auch das Bildungswesen umfasst, macht immer noch Probleme: Der Einsatz von Experten oder Ethikkommissionen ist zu wenig transparent.

Portugal

Mariana Vieira Crespo nahm an der 2. Internationalen Konferenz über Alternativen zu Tierversuchen teil. An der Konferenz ging es zwar nicht um Tierversuche in der Lehre, sie war aber eine wichtige Veranstaltung, die erstmals das Interesse der Medien für Alternativmethoden im weiteren Sinne zu wecken vermochte. Mariana Vieira Crespo hat neu die Betreuung des internationalen InterNICHE-Alternativen-Leihsystems übernommen.

Ukraine

Dmitry Leporsky hat die Verhandlungen mit sechs Universitäten weitergeführt und weitere Vereinbarungen für den Ersatz von tierverbrauchenden Lehrmethoden getroffen. Er wirkte als Referent an einer internationalen Bioethik-Konferenz im weissrussischen Minsk mit, die sich am zweiten Tag der tierverbrauchsfreien Bildung widmete. Die neuen InterNICHE-Partner in Russland, Vadim Danko und Maksim Kolonok, nahmen ebenfalls an der Konferenz in Minsk teil. Sie arbeiten an einer breiten Kampagne, die mit Unterstützung einiger Lehrpersonen die Herstellung von neuer Software für den Pathophysiologie-Unterricht fördert. Acht von 15 Modulen sind bereits fertiggestellt. Vadim Danko und Maksim Kolonok bauen zudem Computer aus gebrauchten Teilen zusammen, damit für russische Universitäten, mit denen Vereinbarungen zustande kommen, günstige Hardware bereitgestellt werden kann. Die ersten PCs wurden an die Fakultät für Zoologie und Physiologie der staatlichen Universität Altai in Sibirien abgegeben.

Iran

Dr. Ramak Roshanaie und die InterNICHE-Partnerorganisation IAVA (Iranische Vereinigung gegen Tierversuche) haben an der 10. nationalen Studierendentagung der Human- und Veterinärmedizin eine Multimedia-Ausstellung organisiert und tierfreie Lehrmethoden vorgestellt. An der veterinärmedizinischen Universität Zabol haben sie einen Workshop zu ethisch vertretbaren Lehrmethoden durchgeführt. Der IAVA ist es gelungen, Tierversuche mit hohem Schweregrad im Physiologie-Unterricht der Universität Zabol zu verhindern. Zudem hat die Organisation eine Schule ausgezeichnet, die weder Sezierungen noch andere Tierversuche durchführt, und ihr als Preis eine Software-Serie zur Anatomie von Fröschen, Ratten und Flughunden überreicht.

Ägypten

Dr. Fawzy Elnady von der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Kairo hat seine neue Präparationsmethode weiterentwickelt. Die nach der Elnady-Methode präparierten Modelle sind besonders flexibel und konnten bereits im Anatomie-Unterricht sowie zum Üben von klinischen und chirurgischen Fähigkeiten eingesetzt werden. Dr. Elnady hat in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift für Alternativmethoden ALTEX einen Artikel über seine Methode veröffentlich.

Kanada

Dr. Olivier Berreville hat ein wissenschaftliches Poster mit dem Titel «The Impact of Alternatives to Harmful Animal Use on Animals Research, Testing and Society» (Die Auswirkungen von tierverbrauchsfreien Alternativen auf die Forschung und Entwicklung an Tieren und auf die Gesellschaft) verfasst und an der nationalen Konferenz des kanadischen Tierschutzverbands CFHS vorgestellt. Zudem hielt Dr. Berreville eine Reihe von Vorträgen an der University of British Columbia (UBC) und der Simon Fraser University in der Provinz Britisch-Kolumbien, wo er auch die Kampagne «Stop UBC Animal Research» gegen die Tierquälerei in der UBC-Forschung durchführte und in Zusammenarbeit mit InterNICHE bis heute gegen Tierversuche in der Ausbildung kämpft. Mehrere Organisationen aus Britisch-Kolumbien führen gemeinsam eine Kampagne gegen das Sezieren von Kaninchen und Katzen am Langara Community College durch.
Im Rahmen eines Workshops an der Queen’s University in Ontario konnten über 200 Personen – die meisten davon angehende Lehrerinnen und Lehrer – verschiedenste Alternativmethoden aus dem InterNICHE-Verleihsystem ausprobieren. Auch für die Konferenz des Verbands CALAS (Canadian Association for Laboratory Animal Science), in dem Fachleute aus dem Bereich Tierversuche und Tierhaltungen organisiert sind, wurde Infomaterial zu Ersatzmethoden bereitgestellt.

Peru

Die InterNICHE-Partnerorganisation UPA (Unidos por los Animales) war bei den Tierrettungskursen für Feuerwehrleute dabei und stellte Tierphantome für den tiermedizinischen Unterricht aus dem InterNICHE/UPA-Alternativen-Leihsystem zur Verfügung.

Liberia

Eine Universität zeigt Interesse an der Schaffung eines Multimedia-Angebots mit Alternativmethoden. Geweckt wurde das Interesse durch die InterNICHE-Partnerorganisation LAWCS (Liberia Animal Welfare & Conservation Society), die erfolgreich eine Alternative für Froschsezierungen angepriesen hatte.

Südafrika

Die InterNICHE-Partnerorganisation NSPCA setzte sich weiter für die Verwendung von Alternativmethoden ein und arbeitete mit den Hochschulinstituten zusammen, um die Finanzierung von wichtigen Unterrichtsmitteln für die Ausbildung in Tiermedizin und laparoskopischer Chirurgie zu ermöglichen. Das Sensibilisierungs- und Weiterbildungsprogramm knüpft am Erfolg des InterNICHE/NSPCA-Seminars 2012 an, das zum Ersatz von Sezierungen an mehreren Tausend Tieren im Biologieunterricht geführt hat.

Taiwan

Die taiwanesische Organisation LCA (Life Conservationist Association) hat die Vorträge von InterNICHE und Websites über bestimmte Alternativmethoden ins Chinesische übersetzt. Mit diesen Informationen konnte die Tierversuchsdatenbank erweitert werden, und ein nationales Labor könnte nun einen POP-Trainer für die tierfreie Ausbildung kaufen. 2016 wird die LCA eine Kampagne zur Förderung von Alternativmethoden an der Schule für Veterinärmedizin der nationalen Universität Taiwan durchführen.

Indien

Die nationale Kommission für Universitätszuschüsse UGC (University Grants Commission) ist die zentrale Stelle für die Mittelvergabe an die Hochschulen und wirkt bei der Ausarbeitung der indischen Lehrpläne mit. Die UGC hat 2010 die Abschaffung von Sezierübungen im praktischen Zoologie-Unterricht empfohlen und diese 2014 ganz verboten. Dank dieser Umstellung auf Ersatzmethoden, der grössten in der Bildungsgeschichte, konnte vermutlich etwa die Hälfte der jährlich im Zoologie-Unterricht getöteten 60 Millionen Tiere gerettet werden.

Für 2016 geplante Aktionen

Bisher hat InterNICHE für verschiedene Tagungen eine Einladung erhalten. So sind wir im April 2016 in Dänemark an der nationalen Wissenschaftskonferenz zum internationalen Tag zur Abschaffung der Tierversuche mit einer Multimedia-Ausstellung über Alternativmethoden präsent. Zudem erhalten wir Gelegenheit, eine nationale Tagung und eine Weiterbildung in Kroatien mit zu organisieren. Im Rahmen dieses regionalen Sensibilisierungsprogramms ist auch ein Besuch in Serbien möglich. In Indien stehen zwei nationale Konferenzen auf dem Programm. In einer geht es um Bildung, Forschung und Versuche, in der anderen um Alternativmethoden in der Medizin und in der Aus- und Weiterbildung. InterNICHE ist an den Konferenzen mit Präsentationen, einer Schulung und einer Multimedia-Ausstellung beteiligt. Dank den von Dmitry Leporsky geknüpften Kontakten wird sicher auch ein Besuch in Georgien stattfinden. Die in der Ukraine gesammelten Erfahrungen könnten auf dieses Land ausgeweitet werden.

Der Film über alternative Lehrmethoden in der Veterinärmedizin (Alternatives in Veterinary Education and Training), mit dem der vollständige Ersatz von Tierversuchen vorangetrieben werden soll, konnte um zusätzliches Material aus Kenia erweitert werden. Die neuen Inhalte sind ein grosser Mehrwert, der auf dem ganzen afrikanischen Kontinent und in anderen Entwicklungsländern Wirkung zeigen dürfte. Was noch fehlt, sind zusätzliche Dreharbeiten in den USA und in anderen Ländern. Für die Fertigstellung der kostspieligen professionellen Produktion sind zusätzliche Mittel dringend nötig. Der Film soll 2016 herauskommen, davor werden einige Vorschau-Clips erscheinen.

Im Informationsbereich konnte die Alternativen- und Studiendatenbank von InterNICHE 2015 erweitert werden. Der Download-Service, der sich immer noch im Aufbau befindet, dürfte 2016 online gehen. Wir suchen noch weitere Autoren, die einen Beitrag zum Buch «100 Case Studies of 100 % Replacement» schreiben. Die meisten Kapitel werden 2016 fertiggestellt.

Die finanziellen Mittel, die InterNICHE 2016 von der LSCV erhält, fliessen ins allgemeine Budget und in die Umsetzung der grossen laufenden Projekte. Sie ermöglichen uns zudem die Unterstützung von Aktionen für die Förderung und Umsetzung von Alternativmethoden, die unsere Länderkontakte und Partnerorganisationen rund um die Welt durchführen. Die hoch geschätzte Unterstützung durch die LSCV ist von grosser Bedeutung für unsere Arbeit.

Freundliche Grüsse

Nick Jukes